Etwa drei Kilometer vom bewohnten Zentrum, in südlicher Richtung, auf der Straße, die nach Porano führt, befindet sich unweit vom Felsen von Orvieto, befindet sich die monumentale Abtei Abbazia dei Santi Severo e Martirio, gemeinhin bekannt als La Badia. Der erste Kern der Gebäude geht auf das 6. Jahrhundert zurück, als in der Nähe einer kleinen, dem hl. Silvester geweihten Kirche die edle Longobardin Rotruda die Abtei erbauen ließ. Überlieferungen zufolge streckte die edle Dame nach dem Tod von S. Severo ihre Hand aus, um seinen Sarg zu berühren, und ihre Hand blieb eingeklemmt, bis Rotruda versprach, dass sie genau an dieser STelleeinen Wallfahrtsort errichten lassen wird, der dem Heiligen geweiht sein wird. So wurde der Komplex errichtet und S. Severo sowie seinem Schüler S. Martirio geweiht.
Betreffend die dokumentarischen Quellen ist der Klosterkomplex seit dem Jahr 1055 bekannt und wurde einige Jahrhunderte lang, bis ins Jahr 1221, von den Benediktinermönchen bewohnt.
Infolge der Rebellion der Mönche gegen den Bischof von Orvieto vertrieb Papst Honorius III. den Orden aus der Abtei und stellte letztere den reformierten Benediktinermönchen des Prämonstratenserordens, nach ihrem Gründer Norbert auch Norbertiner genannt. Er war Domherr in Xanten und Erzbischof in Magdeburg.
Die Norbertiner sorgten dafür, dass den bereits bestehenden Bauwerken, genauer der Kirche, dem Kloster und dem wunderschönen, zwölfeckigen Kirchturm, ein großes Refektorium, der Kreuzgang und die Haupthalle hinzugefügt wurden, die bis heute gut erhalten sind.
Der Komplex besteht aus imposanten Gebäuden aus verschiedenen Epochen, die über die Zeit sowohl aus architektonischer wie auch aus funktionaler Sicht verändert wurden.
Erwähnens- und sehenswert sind die ursprüngliche Kirche, das Oratorium und der Glockentum, der zum Symbol des gesamten Komplexes wurde.
Auf das 12. Jahrhundert zurückgehend, verfügt die Kirche noch heute über den wunderschönen Boden mit farbigen Marmorintarsien und den Altar aus Stein mit einer Verkleidung in Form eines Flachreliefs, das auf das römische Zeitalter zurückgeht.
Das Gebäude, das durch ein elegantes Spitzbogentor zugänglich ist, hat ein einziges Kirchenschiff auf zwei Etagen: das Obergeschoss dient als Chor, das untere als Vorraum.
Eine Besonderheit des Bauwerks ist das Vorhandensein eines Apsidiolls auf der Rückseite der Kirche, von dem aus der Abt die Möglichkeit hatte, den Funktionen zu folgen. In Wirklichkeit ist dies kein neues architektonisches Mittel in der Stadt. Weitere Beispiele finden sich in den Kirchen Santo Stefano und Santa Mustiola in Orvieto und San Bartolomeo in Morrano.
Eine weiteres, zauberhaftes Gebäude ist das Oratorium des Kruzifixes, neben dem Eingang des Komplexes. In diesem riesigen Raum sind wertvolle Fresken aus dem dreizehnten Jahrhundert erhalten, wobei insbesondere das Kruzifix sowie die Heiligen Maria Magdalena, Augustinus, Severus, Johannes, Elisabeth, Baptist und Martyrium hervorzuheben sind. Dieser Raum hätte ursprünglich als Refektorium genutzt werden sollen.
Schließlich verdient auch der monumentale und ungewöhnliche Glockenturm mit seinem spektakulären zwölfeckigen Grundriss eine besondere Erwähnung. Stilistisch gesehen scheint der Turm in den ersten Kern des Klosterkomplexes (12. Jahrhundert) integriert zu sein und weist eine erste Reihe an zweibogigen Fenstern auf, denen später eine Reihe an einbogigen Fenstern und ein zinnenförmiger Rahmen hinzugefügt wurden. Die Glocke, die im Glockenturm untergebracht ist, wurde wegen ihrer weichen Töne „Viola“ genannt.
Heute wurde die Abtei Abbazia dei Santi Severo e Martirio, die sich in Privatbesitz befindet, zu einer luxuriösen Unterkunft umgebaut, wobei einige Räume als Gästezimmer genutzt werden, und andere, etwa der Turm und weitere Räume des mittelalterlichen Komplexes, frei zugänglich sind.